Annahme der Angst (126)

Der Klient leidet unter massiven Ängsten, die sein tägliches Leben sehr be-hindern und die Entfaltung seines vollen Potentials wesentlich einschränken. Er nimmt in dieser Probesitzung wahr, dass seine Angst und sein Wille heftige Kontrahenden sind. Der Wille trainiert Tag und Nacht, um die Angst fernzuhalten, was diese jedoch nicht sonderlich beeindruckt, sie wird immer größer und bekommt immer mehr Macht. Nachdem der Klient seine eigene Ohnmacht und Hilflosigkeit deutlich wahrnehmen kann, passiert nach einer langen Konfrontation plötzlich das Unerwatete: In dem Mo-ment als er die Angst zur Tür hereinläßt, löst sie sich auf. Als er sie als eigenen Anteil endlich annimmt und nicht mehr mit eisernem Willen gegen sie kämpft, wird sie plötzlich zum Freund. Durch diese Intergration und Annahme kommen tiefe Gefühle hoch und brigen den Klienten wieder einen Schritt näher zu seiner Ganzheit.


Th.: Guck sie dir einfach erst mal an, wie die Treppe ausschaut. Beschreibe mal.
Kl: Dunkel. Ich sehe im Prinzip den Handlauf. Und sonst nur Dunkelheit.
Th.: Wie ist das für dich?
Kl.: Als wenn ich irgendwo hingehen soll, wo ich nicht weiß, was das ist.
Th.: Wie fühlt sich das an, irgendwo hingehen zu sollen, wo es eigentlich nur dunkel ist?
Kl.: Ja - ja Angst - Widerstand.
Th.: Wo spürst du das? Spüre mal in deinen Körper hinein.
Kl.: Ich spüre das in meinem Bauch.
Th.: Ist das ein Druck oder eine Span-nung. Spüre einfach mal hin. Nimm dir Zeit, diese Angst ein bißchen deutlicher zu spüren.
Kl.: Ja, ich kann es nur umschreiben. Das erste mal war früher als ich vor einer Arbeit gestanden habe. Nervosität. Nervosität ist ja nichts anderes als Angst: Dann zieht sich das so komisch im Ma-gen zusammen: Und - komisches Gefühl halt - schwer zu beschreiben.
Th.: Du kannst das Gefühl direkt ansprechen: So was, wie, ich kenne dich schon: Nimm mal deine eigenen Worte. Mach es ruhig laut, was du dem Gefühl sagen willst.
Kl.: Ja, ich brauche keine Angst zu ha-ben: Deswegen kannst du ruhig verschwinden.
Th.: Ja. Und guck mal, ob sie das macht.
Kl.: Es wird besser, aber verschwinden tut es noch nicht.
Th.: Ja - ja wenn du das willst, kannst du einfach mit dieser Angst die Treppe runter gehen. Und dann unten mal gucken, vielleicht gibt es dort eine Tür, unten in der Innenwelt. Wo vielleicht sogar Angst drauf steht, um diese Ursachen für diese Angst, wenn irgendwas Neues, Unbe-kanntes auf dich zukommt, ja die Ur-sachen herauszufinden. Wenn du das willst, dann sage einfach zu dieser Angst: Ich nehme dich einfach mal mit.
Kl.: Ich nehme dich jetzt mit Angst. Und wir gehen zusammen hinunter.
Th.: Genau. Dann guck einfach mal, ob das geht, daß du mit der Angst hinuntergehst.
Kl.: Ich bin unten, aber ich finde keine Tür.
Th.: Ja. Was siehst du unten?
Kl.: Dunkelheit.
Th.: Dunkelheit. Dann taste dich doch mal vor. Ob da nur Wände sind? Oder auch Türen? - Ja?
Kl.: Ich finde keine Tür.
Th.: Wie ist es für dich, daß du keine Tür findest? Spüre mal, wie das für dich ist.
Kl.: Ja, ich will zum Licht, denke ich. Wenn das dunkel ist, ist das nicht so angenehm. Und hinter der Tür erwartet man Licht.
Th.: Dann sage das der Dunkelheit. Hier in dir fühle ich mich nicht so wohl oder so. Oder guck einfach mal, was du zur Dunkelheit selber sagen willst.
Kl.: Ja, Dunkelheit verschwinde, werde hell, damit ich die Tür, die ich suche, finden kann.
Th.: Ja. Verändert sich was? Oder bleibt alles so?
Kl.: - Längeres Schweigen. - Ich komme da nicht weiter.
Th.: Ja. Wie fühlt sich das an, nicht weiterzukommen?
Kl.: Nicht so gut: Man will weiterkommen!
Th.: Sage es in der Ich-form.
Kl.: Ich will weiterkommen.
Th.: Kennst du das Gefühl aus dem Leben? Ich komm nicht richtig weiter: Und was hindert dich, so wie du es jetzt wahrnimmst? Ist das bekannt? Oder ist das neu?
Kl.: Mir ist das bekannt.
Th.: Dann sage es dem Gefühl: Ich kenne dich.
Kl.: Ich kenne dich.
Th.: Ja. Und atme. Atme ein bißchen mehr. - Der Klient atmet tief durch. - Ja, spüre das mal, dieses "Nichtweiterkom-men". Es ist nur dunkel. Keine Türen. Kein Licht. Was passiert in dir, wenn du das alle so wahrnimmst?
Kl.: Ja, Ungeduld, Frustration vielleicht.
Th.: Ja. Kannst du es der Dunkelheit mal sagen?
Kl.: Ja, Dunkelheit du frustrierst mich.
Th.: Und atme: Atme einmal richtig tief durch. Und trau dich mal ein bißchen mehr zu spüren von diesem Frust. Es geht nicht weiter. Da ist nur Dunkelheit. Und guck mal, welcher Impuls vielleicht aufsteigt in dir.
Kl.: Ja, der Impuls ist: Das Innere sagt einem: Du willst mehr, du kannst mehr. Und auf der anderen Seite geht es nicht voran, weil die Angst hindert. Und das sind die beiden unterschiedlichen Punkte.
Th.: Und das kennst du?
Kl.: Ja, das kenne ich.
Th.: Daß du eigentlich mehr könntest, wenn diese Angst nicht da wäre?
Kl.: Ja, und das hält einem zurück.
Th.: Dann laß die Angst mal auftauchen als Gestalt die dich zurückhält: Ganz konkret. Mach dir ein Bild dazu wie das aussieht. Wie die Angst aussieht. Wie sie dich hält.
Kl.: Ja, das ist eine Person, die mir den Hals zudrückt. So empfinde ich das.
Th.: Ja. Kennst du die Person?
Kl.: Nein: Die macht sich also bildlich nicht so. Ich sehe die Hand um meinen Hals.
Th.: Ja. Okay. Spürst du sie auch. Spüre mal hin in deinem Hals.
Kl.: Einen Kloß im Hals, mehr spüre ich nicht.
Th.: Ich lege mal die Hand auf deinen Hals: Ja. Ist das in Ordnung?
Kl.: Ja.
Th.: Spüre mal, was passiert in dir: Erstarrst du oder was passiert? Spüre mal genau hin:
Kl.: Eine ganz starke Verkrampfung: Meine Augen - die flackern. - Das habe ich schon ein paar mal gehabt eben.
Th.: Ja. Sage es den Augen mal.
Kl.: Ihr flackert. Und ganz schlimm. Und - ein ganz komisches Gefühl: habe ich noch nie gehabt.
Th.: Wo sitzt das?
Kl.: Ah - im ganzen Körper. - Als wenn ich irgendwo in ein Loch fallen würde. Ja. Wie wenn ich ohnmächtig werde. Kein unangenehmes Gefühl, weil ich dann denke, das muß das Unterbewußtsein sein.
Th.: Dann erlaube es doch mal. Kannst das Loch einmal auftauchen lassen? Und dich einfach da mal reinfallen lassen. Ganz bewußt, per Entscheidung.
Kl.: Das Gefühl ist wieder weg.
Th.: Ja, ist okay, macht nichts. Was ist jetzt da?
Kl.: Ich spüre die Hand, der Kloß ist im Hals. Aber dieses Gefühl als wenn ich kurz davor wäre in mich richtig "reinzukriechen". Ist wieder weg.
Th.: Ja. Ist wieder weg. Kannst du die Gestalt wahrnehmen? Diese Angst, die dir den Hals zudrückt?
Kl.: Nein, die hat keine Rolle gespielt bei dem Gefühl.
Th.: Sage es ihr.
Kl.: Also, was soll ich dir sagen? Person dieser Hand.
Th.: Ist es denn okay für dich, daß sie das macht?
Kl.: Nein, das ist nicht okay.
Th.: Dann sage ihr das!
Kl.: Das ist nicht okay, daß du mir das machst: Den Hals zudrückst. Und mir das Leben erschwerst. - Ja, mich hindert sozusagen.
Th.: Beeidruckt das die Hand? Guck mal hin, ob was passiert.
Kl.: Ich weiß nicht, ob das die Hand beeindruckt: Ich habe kein Gefühl dafür!
Th.: Dann sage ihr ruhig mal: ich habe kein Gefühl für dich, Hand.
Kl.: Ich habe kein Gefühl für dich, Hand.
Th.: Spüre ob du herausfinden willst, zu wem diese Hand gehört?
Kl.: Ich möchte herausfinden, wem diese Hand gehört! Ich will es wissen!
Th.: Ja. Dann sage der Gestalt: Zeige dich!
Kl.: Gestalt: Zeige dich! Die Gestalt hat Angst vor mir: Die zeigt sich nicht!
Th.: A ja. Ist es in Ordnung? Es sind deine Bilder: Du mußt es ja nicht akzeptieren!
Kl.: Ich habe es lieber, wenn es Aug in Aug ist: Also, Gestalt komme heraus! Feigheit gilt nicht.
Th.: Ja, fordere sie ein, ja genau.
Kl.: Ich möchte wissen, wer du bist. - Längeres Schweigen des Klienten. - Es tut sich nichts.
Th.: Und - ist es in Ordnung?
Kl.: Nein: Es ist nicht in Ordnung, daß du dich versteckst.
Th.: Ja, genau: Gehe mal ein bißchen in die Energie. Es sind deine Bilder: Und wenn du es wirklich willst, dann zeigt die sich auch. Guck mal, wieviel Energie du hineingeben willst, um es herauszufinden? Wie wichtig es dir wirklich ist.
Kl.: Ja, mir ist es total wichtig.
Th.: Ja, dann drücke es mal deutlicher aus: Sage es ihr!
Kl.: - Der Klient macht einen tiefen Atemzug und setzt an: - Ich will wissen, wer das ist, der mir den Hals zudrückt. Der mich - mir jeden Tag Angst macht: Wer??? - Wer bist du? - Kräftige Musik wird eingespielt! - Ich möchte dich sehen, damit ich dich wegschicken kann.
Th.: Ja. Passiert was?
Kl.: Ja: Meine Augen flackern!
Th.: Dann guck mal hin: Guck mal richtig hin! Und teil einfach mit, wenn sich irgendwas verändert. - Der Klient atmet bewegt. - Ja, was passiert in dir?
Kl.: Ja, ich habe das Gefühl, - mit kräftigem Ton. - ich bin kurz davor: Ich falle wieder in dieses Loch. Die Augen flackern total stark. Ich sage: Ich will, ich will jetzt dich sehen.
Th.: Ja!!
Kl.: Und dann ist wieder nichts.
Th.: Dann sage es wieder deutlicher: Ich will dich sehen!
Kl.: Ich will dich jetzt sehen!
Th.: Sage es noch lauter!
Kl.: Ich will dich jetzt sehen!
Th.: Was passiert? - Mit sehr lauter Musik. - Spüre, welcher Impuls da ist.
Kl.: Komme schon: Du warst schon fast da!
Th.: Genau: Sprich mit ihr.
Kl.: Komm: ich will dich jetzt sehen! Komm jetzt! Komm jetzt!
Th.: Ja!
Kl.: Ich will dich sehen: Ich will dich kennenlernen! Ich will! Zeige dich! Zeige dich!
Th.: Ja! Ja! Ja! Sag es ihr, daß du spürst, welche Macht sie hat.
Kl.: Du hast mich im Griff Angst.
Th.: Ja. Was passiert?
Kl.: Nichts.
Th.: Dann frage mal die Angst, ob sie bereit ist, dir zu zeigen, wo sie entstanden ist.
Kl.: Angst: Bist du bereit, mir zu zeigen, wo du entstanden bist?
Th.: Vielleicht kann sie dir andere Bilder zeigen aus ihrer Entstehungsgeschichte heraus. Guck mal, ob irgendeine Asso-ziation kommt: Irgendeine Erinnerung?
Kl.: Angst: Wo bist du entstanden? Zeige dich mir! Du bist ganz schön hartnäckig!
Th.: Ja. Guck mal, ob du es hinwirfst, oder ob du trotzdem bereit bist, es herauszufinden:
Kl.: Ich bin bereit, es herauszufinden:
Th.: Welcher Impuls ist da? - Der Klient schlägt richtig kräftig drauf! Die Thera-peutin unterstützt ihn dabei mit verstärkenden Ja-rufen! - Und guck hin dabei: Die hat dich sonst weiter im Griff: Tag-täglich! Was passiert in dir? Was ist das Kopfschütteln?
Kl.: Die Brust ...
Th.: Ja. Spüre hin.
Kl.: Ja. Ich möchte jetzt weiterkommen. Ich will wissen, wer mir Angst macht.
Th.: Spüre mal diese Ohnmacht und Hilflosigkeit, die da ist der Angst gegenüber: Das ist auch wichtig. Spüre die auch einmal. Und sprich sie an: Sage ihr: Ich spüre, daß du da bist: Hilflosigkeit. Ohnmacht. Frust.
Kl.: Ich spüre, daß ihr da seid: Hilflosigkeit, Ohnmacht, Frust. Ich möchte wissen, wo der Ursprung von euch ist.
Th.: Ja.
Kl.: Gebt diesem Ursprung ein Gesicht! So, daß ich dieses Gesicht ansprechen kann.
Th.: Genau.
Kl.: Schaltet das Licht ein, damit ich sehen kann mehr. Was sich dahinter verbirgt.
Th.: Vielleicht kannst du es sogar selbst: Guck mal, ob da ein Lichtschalter ist?
Kl.: Ja, ich habe einen gesehen und bin umgedreht.
Th.: Ja. Hat sich was verändert dadurch?
Kl.: Ich spüre einen Raum, einen Licht-schalter, den ich umdrehe, wo sich kein Licht zeigt, wo keine Bilder auftauchen: Geschweige denn Personen!
Th.: Ja: Deine innere Realität: Ist einfach nur Ausdruck, daß diese Angst so viel Macht hat. Spüre das einfach: Was dieses alles verhindert. Erkenne einfach mal an, welche Macht sie hat. Also, anerkennen, im Sinne: So ist es!
Kl.: Die Angst hat mich im Griff: Tag für Tag! - er soll es ihr direkt sagen - Angst, du hast mich im Griff.
Th.: Das spürst du jetzt ganz deutlich?
Kl.: Ja, es ist die Ohnmacht: Es geht nicht nach links, nach rechts, nach oben, nach unten weiter. Ich komme keinen Schritt vorwärts. Egal ob da ein Schalter ist oder nicht.
Th.: Genau: Deine innere Realität. Deine Innenwelt. Das erlebst du im Außen auch so. Nimm es erst mal nur wahr. Bevor du dran gehst, es zu verändern: Erst mal nur spüren: So ist es! Das ist der erste Schritt.
Kl.: Das ist ja pure Hilflosigkeit.
Th.: Hole die Hilflosigkeit mal als Gestalt mit her. Wie sieht die aus? Kannst du die erkennen?
Kl.: Nur schemenhaft: Unpersönliche Gestalt! Die neben mir steht - und: Ja wir geben uns gegenseitig die Hand als - wenn das heißt, ja, zu zweit geht es vielleicht besser.
Th.: Genau. Wie fühlt sich ihr Hand an?
Kl.: Kein Gefühl dafür. - Hilflosigkeit, ich habe kein Gefühl für dich.
Th.: Ja - Gibt es irgendeinen Impuls in dir, wenn du jetzt dort unten stehst, wo nur die Hilflosigkeit bei dir ist und die Angst mit ihrer Macht, Dunkelheit?
Kl.: Ja, ich möchte durch die Wand laufen.
Th.: Ja, dann mach das! - Der Klient gibt einen tiefen Seufzer von sich! - Guck mal, ob es geht, durch die Wand zu laufen?
Kl.: - Der Klient macht einen schweren Atemzug. - Ich nehme Anlauf: Und kurz vor der Mauer, da verschwimmt das Bild.
Th.: Also, es scheint auch nicht zu funktionieren auf die Art. Was machst du jetzt?
Kl.: Ja, ich versuche vielleicht in diesem Zustand zu kommen, wo die Augen so geflackert haben, weil da habe ich das Gefühl, da fehlt nur noch ein ganz kleines bißchen, daß ich auf einem anderen Zustand komme. Und irgendwie will ich dahin, weil ich denke, wenn ich da bin, dann gehen die Türen auf.
Th.: Ja, probiere es einfach. Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst.
Kl.: - Langes Schweigen des Klienten folgt. Musik wird eingespielt. - Ich komme da nicht mehr hin.
Th.: Wie ist das für dich? Willst so gerne hinkommen, aber du merkst, es geht nicht.
Kl.: Ich will ganz fest!
Th.: Wie geht es dir damit, daß es nicht funktioniert?
Kl.: Das alte Lied: Frustration! Ich will den Dingen auf den Grund gehen. Es ist ja: Der Wille ist ganz stark. Auch bei anderen Dingen ist der Wille ganz stark.
Th.: Also, du kennst es, dieses etwas ganz fest wollen, aber es geht nicht.
Kl.: Ja, weil dann die Angst kommt.
Th.: Genau. Wo ist das zum ersten mal ganz deutlich aufgetaucht? Kannst du dich daran erinnern? Wo dieser ganz feste Wille da ist, aber zugleich die Angst stärker ist. Gehe mal zurück in deinem Leben.
Kl.: Ja, ich kann nur sagen: Die ganzen - egal welche Klassenarbeit das war - ich hatte unwahrscheinlich viel Angst!
Th.: Nimm die erste, die dir einfällt. Das erste Bild das auftaucht: Die erste Erinnerung.
Kl.: Das waren so viele. Ich kann mich noch erinnern an die Handelsschulzeit, wo wir vorher - vor der Prüfung noch die Bücher aus der Tasche geholt haben und durchgesehen haben, weil wir uns ge-genseitig verrückt gemacht haben. Das habe ich jetzt so als Bild. Aber da gab es früher bestimmt ähnliche Dinge.
Th.: Dann gehen wir noch weiter zurück.
Kl.: Ja, ja was mir da einfällt: Wenn Prüfungen gut geschrieben worden sind, dann war es in Ordnung: Es wurde zwar nicht groß betont, sondern es war selbstverständlich.
Th.: Von wem?
Kl.: Von den Eltern.
Th.: Laß die beiden mal auftauchen. Sage ihnen das.
Kl.: Ihr hättet genau so wie ihr kritisiert habt, hättet ihr auch mal loben können.
Th.: Wie schauen die beiden aus?
Kl.: Ja, die stehen da verwundert, weil sie es nicht besser gewußt haben, wahrscheinlich.
Th.: Ja, dann sage ihnen mal, was das für Konsequenzen für dich hat. Zeige es ihnen einmal.
Kl.: Ja, ihr habt mir letztendlich die Angst eingepflanzt.
Th.: Und zeig ihnen das Bild von dem Georg in dem dunklen Keller ohne Türen. Und das sollen sie sich mal anschauen: Was die Konsequenz ist für dich, für dein Leben.
Kl.: Ich bin im Gefängnis unten im Keller - ja - wo oben darüber steht: Angst.
Th.: Und die hat voll die Macht über dich. Zeige es ihnen. Sag ihnen: Guckt euch das an!
Kl.: Guckt die Treppe runter: Da unten sitze ich. Ja, und das versuche ich jetzt rückgängig zu machen. Und - ja - wer weist mir den Weg?
Th.: Wie reagieren sie darauf, wenn sie dich dort unten sitzen sehen?
Kl.: Ja, hilflos. Die stehen da, aber tun nichts.
Th.: Sage es ihnen: Ihr tut nichts!
Kl.: Ihr tut nichts.
Th.: Ja: Also die helfen dir nicht: Es rückgängig zu machen.
Kl.: Sie wollen schon, wissen aber auch nicht, wie es geht.
Th.: Ja, die könnten dich mal loben.
Kl.: Ja.
Th.: Sage es ihnen doch.
Kl.: Lobt mich einfach mal. - Langes Schweigen des Klienten. - Wenn da jetzt ein Fenster auftaucht - da im Keller - was heißt das?
Th.: Wie ist es für dich, daß es auftaucht?
Kl.: Ja, mal was anderes: Heller!
Th.: Ja, das ist eine klein positive Veränderung! Geh doch mal hin: Geh hin zu dem Fenster!
Kl.: Ja, wie wenn ich auf einem hohen Turm wäre und ich guck nach unten: Auf die Erde runter!
Th.: Was ist so dein Gefühl dabei?
Kl.: Schöne Aussicht.
Th.: Ja, spüre mal, ob du dort hin willst? Aus dem Gefängnis raus?
Kl.: Na-ja ich stell mir jetzt ein Seil vor, und "hangle" mich einfach mal runter.
Th.: Ja, probiere es aus: Ja, genau!
Kl.: Ja, ich kann das nicht weiterdenken: Irgendwo hänge ich jetzt dazwischen!
Th.: Ja, dann ist es genau der Ausdruck, daß es noch nicht geht. Sonst würde es funktionieren. Hole deine Eltern wieder dazu! Immerhin: Dadurch, daß sie dich gelobt haben, ist ja schon mal eine Fenster entstanden. Das ist schon ein erster Schritt. Also, die scheinen sehr wichtig zu sein, für die Veränderung.
Kl.: Ja, macht mal einfach ein bißchen mehr Seil dran. - Ja, ich bin noch nicht unten. ... Ja, ich hab noch keinen Grund unter den Füßen. Das Bild steht wieder.
Th.: Dann hole deine Eltern wieder her: Und fordere diesmal ein bißchen mehr ein, jetzt mitzuhelfen. Oder guck was dein Impuls ist: Wenn du was anderes machen willst?
Kl.: Also ich selber habe überhaupt keinen Impuls da.
Th.: Wenn du dort hängst.
Kl.: Ja, fallen lassen, will ich mich nicht. Ich sehe überhaupt keinen Boden. Egal wieviel Seil da dran ist. Ich komme da - normalerweise müßte das reichen! Und dann frage ich mich: Wie können meine Eltern mir helfen? - Wie wollt ihr mir jetzt noch helfen? Jetzt im Nachhinein.
Th.: Wie reagieren sie?
Kl.: Hilflos!
Th.: Sie sind genauso hilflos wie du?
Kl.: Ja, irgendwie wohl. Ich habe keinen Impuls: Und - die beiden haben keinen Impuls.
Th.: Willst du da hängen bleiben?
Kl.: Nein, will ich nicht. Da ist der Wille dann wieder, der übermächtig ist.
Th.: Hole doch den Willen auch mal mit dazu: Der scheint doch relativ stark zu sein, wenn die Macht - die Angst im Moment mehr Macht hat. Aber das - der Wille - scheint ein Teil in dir zu sein, der auch sehr stark ist. Hole ihn dir mal.
Kl.: Wille komme! Ich sage mir doch immer: Wenn man was will, dann schafft man es. Und bis jetzt hat es doch immer funktioniert. Trotz der Angst. Aber das braucht dann immer lange.
Th.: Ohne die Angst wäre es einfacher?
Kl.: Ja! Dann bräuchte ich nicht so viel Willen.
Th.: Ja. Hole den Willen einmal her: Mal angucken, wie der aussieht! Du scheinst ja sehr viel Willen zu brauchen, um in deinem Leben klar zu kommen mit der großen Angst. Der ist wahrscheinlich ziemlich groß dann.
Kl.: Ja, ich bin ehrgeizig.
Th.: Mache dir mal ein Bild.
Kl.: Ja, ich sehe so einen Bodybuilder vor mir - ja mit seinen Paketen.
Th.: Frage ihn doch mal, wie es ihm so geht. Der muß ja immer ganz schön herhalten im Leben.
Kl.: Ja, ja: Und der muß so große Pakete haben. Sonst kann er das nicht leisten, was ich brauche.
Th.: Genau.
Kl.: Das ist der Punkt: Das sind die beiden Kontrahenten:
Th.: Stell sie sich mal gegenüber.
Kl.: Also, den Willen habe ich ziemlich klar vor Augen. Und die Angst, daß es wieder dieses - Person ohne Gesicht.
Th.: Ja, ist okay. Dein Wille ist dir ja auch vertrauter.
Kl.: Wille du bist stärker: Das hast du immer bewiesen. Ja, das Beste ist, Wille, wenn du jetzt die Angst vertreibst, daß die nicht mehr wiederkommt. Dann brauchst du nicht drei Einheiten in der Woche machen, sondern nur eine.
Th.: Ja, meinst, daß es funktioniert? Bisher hat es ja nicht geklappt. Bisher konnte er die Angst ja nicht vertreiben.
Kl.: Das war der Wunsch: Ja! Das ist mein Wunsch, weil die Qualität, die Lebensqualität viel besser ist.
Th.: Jetzt spüre mal hin, wer wirklich stärker ist von den beiden.
Kl.: Ja, letztendlich: Die Angst ist immer noch da. Ja, jetzt verschwinde einfach mal, Angst. - Ja, ich habe mir den einfach mal weggewünscht: Und er ist verschwunden. Inwieweit das bewußt von mir gelenkt worden ist oder unbewußt gewesen ist, weiß ich nicht.
Th.: Ja mach den Test: Geh wieder die Treppe runter und guck ob du Türen hast.
Kl.: Ja, eine Tür ist da: Ich mache sie los. Aber die Tür führt ins Nichts. Wenn ich jetzt noch einen Schritt weiter mache, dann falle ich runter.
Th.: Ja: Willst du den Schritt machen?
Kl.: Ja, wenn es, wenn es, ja: Man weiß nicht was dahinter steckt. Ich tu es jetzt einfach mal. - Längeres Schweigen. - Dasselbe wie mit dem Seil: Ich komme unten einfach nicht an. Die Angst ist da an der Tür.
Th.: Kannst du diese Angst berühren? Wie es sich anfühlt?
Kl.: Kurz vorher hatte ich dieses Flackern wieder. Diesen Druck auf den Augen. Und dann erwarte ich: Jetzt muß es kommen. Es ist so einen Druck auf den Augen als wenn ich dann auf einer anderen Ebene bin. - Angst ich bin kurz vor dir: Und wenn ich knapp vor dir bin, dann macht jemand einen Rückzieher. Ich glaube, das bin ich.
Th.: Laß den Teil auch auftauchen, der diesen Rückzieher immer macht. Wel-cher Teil von dir ist das? Wie sieht der aus?
Kl.: Ja, der Teil von dir, von mir der verletzlich ist und der Angst hat, verletzt zu werden.
Th.: Ja. Wie sieht der aus? Mach ein Bild von den: Wie alt bist du da?
Kl.: Ja, das ist immer so das kleine Kind. Ungeschützt, verletzlich.
Th.: Hol ihn her. Wie sieht er aus?
Kl.: Ja, wie sieht er aus. Also. Ein nacktes Kind.
Th.: Wie alt ungefähr?
Kl.: Ja, ich denke da an meinen Sohn: Sieben. So in dem Alter.
Th.: Ja. Geh in Kontakt mit ihm.
Kl.: Hallo! Verletzliches Ich. Du bist derjenige Teil, der immer eine Menge mitmachen muß - Tag für Tag verängstigt ist. Ja, und draußen steht ein - der Wille der dich vor dem Schwarzen Mann sage ich einmal schützt, beschützt. Ja: Der aber nicht verhindern kann, daß du total verängstigt bist. Das ist der Zustand.
Th.: Und wenn du dem Willen jetzt einmal erlaubst daß er den schwarzen Mann hereinschickt?
Kl.: Wollen wir beide mal gucken, was dann passiert, wenn wir ihn hereinlassen. Ja. Machen wir die Tür mal auf. - Ein Türgeräusch wird eingespielt. - ... Die Angst löst sich in Luft auf.
Th.: Ja. Kommt der schwarze Mann?
Kl.: Er kommt und verschwindet dann. Wie als wenn, ja, was ich mir bewußt auch immer sage: Die Angst ist unbegründet. Das sind übertriebene Ängste.
Th.: Sage das dem Kleinen einmal.
Kl.: Ja, du verletzliches ich. Du siehst, das sind alles übertriebene Ängste, die sich nachher nicht bewahrheiten. Oder: Wenn sie sich dann doch bewahrheiten, lange nicht in dem Ausmaß, in dem du das fühlst. Deswegen kann die Angst ruhig mit im Zimmer bleiben, weil letztendlich alles zusammen ich bin.
Th.: Ja. Dann braucht der Wille nicht mehr so riesengroß sein: So viel trainieren oder?
Kl.: Dann ist man ja eins. Die Angst gibt dem Willen den Ratschlag. Und das verletzliche Ich auch. Und alles zusammen ist dann der Wert.
Th.: Ja, dann hole doch den Willen auch einmal mit herein. Alle in einem Raum.
Kl.: Ja. Wir müssen eine Einheit werden. Und wenn ich das - der eine Teil mit dem anderen kämpft, dann brauche ich auch nicht mehr zur Heilpraktikerin. Dann habe ich inneres Gleichgewicht. Ja, und die notwendige Ruhe strahle ich nach außen aus.
Th.: Ja. Genau: Holen wir alle in einem Raum zusammen.
Kl.: Ich habe jetzt so ein Bild in mir: Alle haben sie die Hände aufeinander. Wie so eine Mannschaft die zusammen vor einem Spiel noch einmal einschwört. Das ist so ein Wunschgedanke jetzt und im Moment.
Th.: Das Bild würde sich nicht bilden, wenn es nicht in dir möglich wäre, weil zuvor mit dem Seil hat ja auch nicht funktioniert.
Kl.: Irgendwie habe ich da nicht weitergedacht. Aber jetzt in dem Fall geht es: Es funktioniert.
Th.: Test einmal aus, was jetzt passiert ist: Wie stabil ist es? Im Moment geht es.
Kl.: Ja. Es wird mir auch klar. Irgendwie bewußt und logisch.
Th.: Sage es denen, was dir bewußt wird.
Kl.: Daß es alles Teile von mir sind und nicht miteinander kämpfen brauchen.
Th.: Sage es denen direkt: Ihr seid Teile von mir.
Kl.: Ihr seid Teile von mir: Ihr müßt nicht gegeneinander kämpfen. Jeder hat sein Gutes. Und alle gehören sie zu mir. Und insgesamt das bin ich. - Angenehme Musik wird eingespielt. - Ein bißchen ruhiger bin ich geworden. Wir sind alle ruhiger, habe ich den Eindruck. Und wenn das der erste positive Schritt ist, dann sollten wir alle zusammen auf dem Weg einfach weitergehen.
Th.: Guck doch mal, wo ihr hingehen wollt, gemeinsam jetzt? Wo es euch hinzieht? Oder wo du die hinführen willst. Oder einfach losgehen, egal in welche Richtung?
Kl.: Zusammen nach vorne!
Th.: Guck mal, wenn die Angst auch mit dabei sein darf in der Runde, ob sie dann überhaupt so viel Macht hat. Einfach mal hinspüren: Wieviel Macht hat sie jetzt noch, wenn sie mit dabei ist?
Kl.: Ach die sitzen ganz gemütlich in der Runde: Ich habe nicht den Eindruck, daß da dominiert wird von der Warte.
Th.: Dann spüre mal, ob du jetzt wirklich ehrlich - aus ehrlichem Herzen sagen kannst: Du gehörst auch zu mir. Bist auch ein Teil: Ich sperre dich nicht mehr aus: Irgendwie so in deinen Worten.
Kl.: Ja, Angst, ich habe dich immer ausgeschlossen oder so als Gegner be-trachtet. Dabei steckst du in mir. Du ge-hörst zu mir. Angst gehört zu jedem. Ich akzeptiere die Angst.
Th.: Ich akzeptiere dich: Rede immer direkt!
Kl.: Ich akzeptiere dich: Und die Angst vor der Angst ist nicht mehr so groß. Und dann kommen wir bestimmt gut aus miteinander. - Der Klient atmet tief durch und weint.
Th.: Ja: Ja, erlaube dir das.
Kl.: Ich muß heulen.
Th.: Ja, erlaube es dir doch jetzt. Atme. Atme. Nicht wegdrücken.
Kl.: Ist das jetzt Befreiung?
Th.: Nicht fragen: Spüre es! Spüre mal, was dich gerade so berührt hat.
Kl.: Ja, ich habe im ersten Moment gedacht, jetzt - jetzt ist es endlich raus!
Th.: Und halte die Tränen nicht zurück. Laß die Spannung mal raus ein bißchen.
Kl.: Ich habe jetzt so ein Gefühl, als wenn irgendwas jetzt schon zig Jahre raus wollte: Und - ja, das Gefühl hatte ich - hatte ich - erst einmal als mein Sohn auf die Welt gekommen ist irgendwie. So unvermittelt. Ja, die Erkenntnis war, erst einmal die Faust aufs Auge. Das hat es mir direkt jetzt gezeigt. - Tiefes Schwei-gen des Klienten folgt. - Schönes Gefühl: Einmal auf den Punkt gekommen zu sein!
Th.: Bedanke dich doch einmal bei diesen ganzen Teilen von dir, daß sie dir jetzt doch so geholfen haben.
Kl.: Wir haben uns gefunden wieder. Der Eine hat den Anderen nicht verdrängt - weggestoßen, sondern wir sind alle aufeinander zugegangen. Ja, und haben alle zusammen geheult. Ich finde das toll, daß wir das noch geschafft haben. Jetzt kämpfen wir nicht mehr gegeneinander, sondern genießen das neue Gefühl.
Th.: Kannst ruhig der Angst sagen, daß sie jetzt auch mit dazugehört, weil das war ja die, die am meisten ausgestoßen war.
Kl.: Ja, Angst, du gehörst dazu jetzt. Bist nicht mehr verdrängt und verstoßen. Ausgestoßen: Ich habe immer gedacht, dass es nur ohne dich geht Angst, habe immer gedacht, du bist der Schuldige. Du bist nicht der Schuldige. Wenn alle zusammen - das ist mir jetzt heute ganz bewußt geworden.
Th.: Schau mal hin, wie es für die Angst ist, wenn sie nach so langer Zeit endlich mal angenommen wird von dir.
Kl.: - Der Klient beginnt sehr heftig zu weinen. - Ja, ja die drei liegen sich in den Armen. Und sie schluchzen. - Entspan-nende Musik wird eingespielt. -
Th.: Und atme. Spüre doch, daß du die Angst wieder nachhause geholt hast zu dir, wo sie hingehört. Die hat bloß so viel Macht gekriegt, weil du sie ausgesperrt hast.
Kl.: Ja - die Emotionen sind so stark.
Th.: Erlaube dir es.
Kl.: Jetzt geht es uns gut.
Th.: Sage es ihnen. Schau sie an dabei.
Kl.: Uns geht es gut, mir geht es gut: Und ich glaube, euch geht es auch gut. Jetzt sind alle in einem Raum und es ist Friede.
Th.: Ja, dann würde ich vorschlagen, wir machen es immer so, daß wir den Klienten eine viertel Stunde allein lassen mit sich, daß ich dir einfach Musik mach. Und einfach mit den ganzen Anteilen zusammen bleibst. Und wenn du das Gefühl hast, es ist jetzt okay, dann kommst du einfach in deiner Geschwin-digkeit wieder hoch. Und kannst ruhig auch schon ein bißchen aufstehen, herumgehen, ein bißchen hinausgehen, frische Luft schnappen. Oder wie du es halt willst. Kannst auch liegen bleiben. Und ich komme in einer viertel Stunde wieder. Willst du Musik oder Stille? - Musik wird eingespielt. Der Klient macht zwischendurch einige tiefe, zufriedene Atemzüge. - Das war gut, sagt er nach einiger Zeit leise für sich selbst. -